Wissenschaftliche Ergebnisse und Fakten zum Intervallfasten
Gibt es Studien und Untersuchungen bezüglich der Auswirkung des Intervallfastens auf die Gesundheit?
Ja, die gibt es. Bereits 2013 brachten die Ernährungswissenschaftlerin Michelle Harvie und der Onkologe Professor Tony Howell ein Buch heraus, in dem sie über die Erfolge der „2-Tage-Diät“ mit verminderter Kalorienzufuhr bei Brustkrebspatientinnen berichteten. Daraus entwickelte der britische Arzt und Wissenschaftler Michael Mosley das heute bekannte 5:2-Intervallfasten.
Stefan Herzig, Biologe und Leiter des Instituts „Diabetes und Krebs“ am Hemholtz-Zentrum-München und seine Kollegen untersuchen, welche Auswirkungen das Intervallfasten auf den Stoffwechsel hat. Seinen Forschungen zufolge sorgt das intermittierende Fasten für eine bessere Wirkung des Insulins, für eine Senkung des Blutdrucks und kann langfristig auch vorbeugend im Hinblick auf Herz-Kreislauferkrankungen sinnvoll sein. Zudem scheint es auch Krebstherapien effektiv zu unterstützen. Stefan Herzig untersucht aktuell unter anderem die weiteren therapeutischen Möglichkeiten des Fastens.
Studien haben ergeben, dass der Organismus in Zeiten des Fastens dafür sorgt, dass die Energieversorgung der Organe und besonders des Gehirns weiterhin gewährleistet wird. So kommt es, dass beim Fasten oder Hungern der Zuckerstoffwechsel durch den Fettstoffwechsel abgelöst wird. Sind die Kohlenhydrate bzw. die Glukosereserven aufgebraucht, wird aus den Fettreserven die nötige Energie bezogen. Stets kommt es zusätzlich aber nach einiger Zeit zur sogenannten Autophagie, bei der defekte oder beschädigte Zellen abgebaut werden. Laut des Biologen Herzig eine Art Entgiftung, die da in Gang gesetzt wird.
Studien zum Intervallfasten bei Insulinresistenz
Auch an anderen Orten wird fleißig geforscht, welche Auswirkungen das zeitweilige, kontrollierte Hungern auf den Stoffwechsel hat. So wurde genau dies am Institut für Ernährungsforschung (Potsdam) an Mäusen untersucht. Diese litten zum Teil bereits an einer Insulinresistenz, die mit Diabetes Typ 2 einhergeht. Durch das intermittierende Fasten konnten diese Mäuse problemloser zwischen Zucker- und Fettstoffwechsel wechseln und auch der Fettstoffwechsel verbesserte sich signifikant, erklärt Annette Schürmann, die den Bereich für Experimentelle Diabetologie leitet.
Ebenso kam es zu einer geringeren Ansammlung von durch den Fettstoffwechsel entstandenen, toxischen Zwischenprodukten in der Leber. Eine bei dicken Mäusen bereits vorhandene Insulinresistenz hatte sich unter dem Intervallfasten sogar zurückentwickelt. Annette Schürmann ist sicher, dass dies helfen kann, eine Diabetes-Typ-2- Manifestation zu verhindern. Da außerdem der Mäuse-Stoffwechsel dem von Menschen ähnelt, kann man die Ergebnisse dieser Studien durchaus auch auf Menschen übertragen. Überhaupt soll es, der Wissenschaftlerin zufolge, eine beachtliche Menge an diesbezüglichen Forschungen an Tieren geben.
Intervallfasten unterstützt die Gedächtnisleistung
Professor Dr. Andreas Michalsen ist Chefarzt am Immanuel Krankenhaus in Berlin und betreut jährlich ca. 500 Intervallfastende. Er berichtet von Studien, die darauf hindeuten, dass das Fasten im Tierversuch sogar vor Demenz schützen könne. Ob es allerdings beim Menschen die gleiche Anzahl positiver Folgen mit sich bringt, sei noch nicht hinreichend belegt. Dass es jedoch überhaupt Positives bewirkt, sei mittlerweile bewiesen, so der Arzt. Immerhin betreut das Immanuel Krankenhaus bis zu 1500 Fastende jährlich.
Auch der Wissenschaftler Herzig ist davon überzeugt, dass sich Fasten positiv auf die Leistungen des Gehirns, besonders des Gedächtnisses, auswirkt und diese sogar steigern könne. In der Steinzeit waren diese und andere Überlebensmechanismen wichtig, um auch in Hungerzeiten zu überleben. So gesehen, entspricht das Intervallfasten dem genetischen Programm des Menschen, welches heute aufgrund der ständigen Nahrungszufuhr viel zu selten abgerufen wird.
Studienlage zur Lebensverlängerung
Tierstudien lassen vermuten, dass das Intervallfasten das Risiko, eine chronische Krankheit zu entwickeln, senken kann. Hierzu gehören beispielsweise Diabetes mellitus Typ 2, kardiovaskuläre Krankheiten sowie neurologische Beschwerden bis hin zu Tumorerkrankungen. Daneben scheint sich das Intermittierende Fasten, zumindest im Tierversuch, auch lebensverlängernd auszuwirken. Zu dieser Annahme kam nicht nur der bekannte Altersforscher Valter Longo.
Auch Dr. med Claudia Thiel, Ernährungsmedizinerin und Fachärztin für Innere Medizin, tätig in Saarbrücken, berichtet von der Anti-Aging-Wirkung. Fastenphasen, wie sie das Intervallfasten beinhaltet, so berichtet sie, haben einen positiven Einfluss auf die Telomeren. Hierbei handelt es sich sozusagen um die Endteile der Chromosomen. Diese verkürzen sich im Laufe der Zeit, was den Zellalterungsprozess ausmacht. Zeitweilige Phasen des Fastens können diesen Abbau der Telomeren verlangsamen oder teilweise sogar einen Wiederaufbau derselben fördern. Dies wiederum verlangsamt Studien zufolge den Alterungsprozess der Zellen.
Studien zur Gewichtsabnahme durch Intervallfasten
Diese Annahme sowie weitere gesundheitlichen Vorteile des Intervallfastens bestätigten auch eine Studie, die Frank Madeo, Biochemiker mit Lehrstuhl am Institut für Molekulare Biowissenschaften der Karl-Franzens-Universität/Graz mit seinem Team durchführte. Er ist Leiter der bekannten "Interfast-Studie" und erforscht die Wirkung des intermittierenden Fastens auf den menschlichen Körper. In einer Studie unterzogen sich 60 gesunde normalgewichtige Erwachsene für einen Monat einem Intervallfasten. In der Kontrollgruppe dagegen ernährten sich die Teilnehmer ganz so, wie sie es bereits gewohnt waren.
Nach nur einem Monat hatten die Teilnehmer der Intervallfasten-Gruppe – ohne eine Diät einzuhalten – durchschnittlich etwa 3,5 kg abgenommen. Madeo zufolge kam dieser Gewichtsverlust allein durch den Fettabbau des viszeralen Fettgewebes zustande. Auch eine signifikante Blutdrucksenkung konnte beobachtet werden. Eine langanhaltende Zunahme der Ketonkörper legt zudem die Vermutung nahe, dass sich das Intervallfasten auch nachträglich auf den Stoffwechsel und eben auch auf die Alterungsprozesse auswirkt.
Intervallfasten und Schlaf
Neuere Forschungen an Mäusen zeigen, dass sich das Intervallfasten auch auf den Schlaf und die circadiane Uhr auswirkt. In einer Studie nahmen intervallfastenden Mäuse im Vergleich zur Kontrollgruppe bei gleicher Kalorien- und Fettzufuhr nicht nur schneller ab, sondern konnten auch besser schlafen und waren tagsüber wesentlich wacher. Dies ist vermutlich auf den Einfluss bzw. den Anstieg der Ketone zurückzuführen, die während der Fastenphase vermehrt gebildet werden. Diese könnten einen Einfluss auf circadiane Gene und die Ausschüttung von Melatonin ausüben. Fest steht, dass das Intervallfasten für einen strukturierten Schlaf-Wach-Rhythmus zumindest bei den Mäusen sorgt.
Die Vorteile der Autophagie
Auch zur sogenannten Autophagie, dem Selbstreinigungsprozess des Körpers, der durch längeres Fasten in Gang gesetzt wird, gibt es hinreichend Belege. Diese zeigen, dass eine gestörte oder mangelhafte Autophagie Erkrankungen neurodegenerativer Art, Tumorerkrankungen und eine besondere Anfälligkeit für Infektionen nach sich ziehen kann. In der Krebsforschung ist die Autophagie besonders im Hinblick auf die Entstehung von Tumoren interessant. Versuche mit autophagie-defizienten Mäusen zeigten, dass diese vermehrt zur Tumorgenese neigten. Gerade in der Anfangsphase der Tumorentwicklung scheint sich die Autophagie als tumorreduzierend auszuwirken. Zu einem späteren Zeitpunkt jedoch scheint die Autophagie einen weniger günstigen Einfluss auf die Tumorbildung auszuüben.
Der Nobelpreis für die Erforschung der Autophagie
Im Verlauf dieses ausgeklügelten Recyclingprogramms des Körpers werden beschädigte oder defekte Proteine und Zellstrukturen ab- und umgebaut bzw. wieder verwertet.
Erstmals dokumentiert wurde dieser Mechanismus im Jahre 1960, doch mangels Interesses seitens der Forschung lange Zeit nicht weiterverfolgt.
Der Belgier Christian de Duve bewies später jedoch, dass kleine, von einer Membran umschlossenen Organellen, die sogenannte Lysosomen, in der Lage sind, Zellbestandteile sozusagen zu verdauen. Im Jahre 1974 erhielt de Duve, der diesem Prozess den Namen „Autophagie“ verlieh, den Nobelpreis.
Ab den 1990er Jahren widmete sich auch der Japaner Yoshinori Ohsumi dem Phänomen der Autophagie. Er konnte belegen, wie der Mechanismus dieser Selbstreinigung genau funktioniert und dass die Autophagie von lebenswichtiger Bedeutung für die Gesundheit des Organismus ist.
Außerdem zeigte er auf, dass bei diesem Prozess insbesondere 15 bestimmte Gene eine wesentliche Rolle spielen und welche Proteine, Botenstoffe und andere Bestandteile und Systeme an der Autophagie mit beteiligt sind. Bereits 1992 veröffentlichte Ohsumis Arbeitsgruppe die bahnbrechenden Erkenntnisse ihrer Grundlagenforschung zur Autophagie bei Hefezellen. Doch erst im Jahre 2016 bekam auch er für seine Leistungen den Nobelpreis verliehen.
Fazit:
Wenn es auch noch nicht allzu viele Studien über die langfristigen Folgen des Intervallfastens an und mit Menschen gibt, sind doch die bisherigen Ergebnisse sehr aufschlussreich. Zudem sind auch die Erfahrungsberichte zahlloser Intervallfastender immer wieder von Erfolgsberichten geprägt und bestätigen die Annahme, dass das Intervallfasten – unabhängig der bevorzugten Methode – eine Wohltat für Körper, Geist und Seele ist.